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GASSHUKU IN WIEN |
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Wie schon seit zehn Jahren fand auch in diesem Jahr wieder in der ersten vollen Ferienwoche das zur Tradition gewordene Sommertrainingslager mit Sensei Tanaka (8. Dan) in Wien statt. Einst wurde dieses Sommerlager von Sensei Fujinaga (er war früher JKA-Instructor für Österreich) und Sensei Tanaka ins Leben gerufen, um die Grundlagen des Karate zu festigen und zu verfeinern.
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In seiner Eröffnungsansprache zu Beginn des Gashuku erinnerte Sensei Tanaka hieran. Er teilte uns mit, daß er sich nach dem Tod von Sensei Fujinaga auch die Frage gestellt habe, ob er die Tradition der Sommerlager einstellen solle. Er kam allerdings zu dem Schluß, daß dies nicht der richtige Weg sein könne. Karate sei schließlich mehr als nur Schlagen und Treten, sei in erster Linie Budo, was bedeute, daß man nicht für irgendjemanden, sondern für sich selbst übe...
Marco und ich machten uns also am Sonntag auf den Weg nach Wien. Nach gut elf Stunden Fahrt kamen wir am späten Nachmittag in der österreichischen Hauptstadt an, wo wir zunächst erst einmal bei meiner Tante im Garten unser Zelt auf, aßen zu abend und schauten uns noch ein wenig in der Umgebung um. Doch dann legten wir uns schließlich schlafen, denn die Fahrt hatte uns schon ein wenig mitgenommen.
Der Montag war noch frei, also beschlossen wir, uns in der City umzuschauen. So besichtigten wir beispielsweise die Wiener Hofburg, die lange Jahre hindurch die Residenz der Habsburger war, den weltberühmten Stephansdom, die wohl teuersten Einkaufsmeilen Wiens, die Kärnter Straße und den Graben... Danach machten wir uns auf den Weg zum Prater, dem Vergüngungspark Wiens. Da die Sonne jedoch unbarmherzig herniederstrahlte, gingen wir beizeiten zurück, um noch ein wenig zu baden. Als sich am Abend die Temperaturen etwas erträglicher waren, gingen wir noch einmal auf den Prater, um die zahlreichen Attraktionen zu besuchen und auch auszuprobieren.
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Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zum Matsumae-Budocenter, wo das Training stattfinden sollte. Nachdem wir uns an diesem (wie übrigens auch an den anderen Tagen) erst einmal verfahren hatten, trafen wir dennoch rechtzeitig ein, um nicht zu spät zum Training zu erscheinen. Es war ein schönes Gefühl wieder an jenem Ort zu sein, wo wir bereits einmal so schöne, wenn auch sehr anstrengende, Trainingseinheiten erleben durften. Im Budocenter spürt man tatsächlich den Geist des Budo, denn alle, die hierher kommen, wissen, daß das Training sehr hart ist, aber gerade diese Einstellung eint sie. Hier kann man die Definition des Begriffs "Dojo" erfahren: Das Dojo ist ein Ort, an dem alle das gleiche wollen. Die Trainingsdisziplin ist einfach wunderbar. Alle geben sich die größte Mühe, niemand quatscht, niemand macht während des Trainings irgendwelche Bemerkungen...
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Im Dojo waren bereits eine große Zahl Karateka versammelt neben vielen Bekannten aus Berlin und von früheren Lehrgängen, waren auch einige wenige unbekannte Gesichter zu sehen. Knapp 90 Karateka, vornehmlich aus Deutschland, Österreich und Ungarn waren angereist, um hier eine knappe Woche zu trainieren. Neben ca. 20 Gelb-, Orange-, Grün- und Blaugurten verteilte sich die übrige Zahl der Trainingsteilnehmer auf die Braun- und Schwarzgurte.
Sensei Tanaka hatte für dieses Gashuku den Fauststoß zum Inhalt gemacht. So wurde Oi Zuki und Gyaku Zuki geübt, wobei Sensei Tanaka immer wieder andere Schwerpunkte setzte. Im Anschluß hieß es: Umsetzen des Erlernten am Partner. Bereits nach der ersten Trainingseinheit äußerten sich einige Teilnehmer, daß dieses Training doch erheblich anstrengender sei, als der letzte Lehrgang mit Sensei Tanaka in Plön, wobei die erste Trainingseinheit nun wirklich noch recht human verlief. Anders am Nachmittag: Sensei Tanaka kam auf die Idee, Gohon Kumite zu üben. Nachdem sich die Karateka zunächst selbst recht stark verausgabt hatten, mußten alle Danträger ab 2. Dan nach vorn (es waren ungefähr zwanzig) und diese wurden dann von den übrigen Karateka unablässig angegriffen. Dies dauerte so ca. zwanzig Minuten an und danach mußten die Danträger noch gegeneinander im Gohon Kumite antreten. Sie hatten es wirklich schwer und einige konnten sich kaum noch auf den Beinen halten, aber Sensei Tanaka ließ keine Pausen zu, sondern forderte sie auf, sich noch intensiver zu bemühen, schließlich hätte sie als Trainer Vorbildwirkung und müßten daher mit gutem Beispiel vorangehen. Im Anschluß waren dann auch die übrigen Lehrgangsteilnehmer noch einmal dran, während sich die Danträger jetzt erst einmal ausruhen konnten.
Damit ging der erste Lehrgangstag zu ende und wir fuhren zum Schloß Schönbrunn, um uns den weltberühmten Tierpark Wiens (der übrigens der älteste Europas ist) zu besuchen.
Für den nächsten Tag hatte ich schon die Befürchtung, daß das Training so fortgesetzt werden würde, wie es am Tag zuvor geendet hatte, aber Sensei Tanaka ließ zu meinem großen Erstaunen Kata üben, wobei er sehr großen Wert auf die tiefe Hüftstellung, dem Arbeiten aus der Hüfte und vor allem der ruhigen und gleichmäßigen Ausführung der Kata unter Beachtung des Timings und dem richtigen Kampfgeist legte. Dies schien zunächst noch recht einfach. Zum Ende des Trainings ließ Sensei Tanaka alle Anwesenden die Heian Kata und Tekki Shodan sowie Bassai Dai laufen und verkündete, daß danach das Training vorüber sei. Entsprechend beeilten sich alle, um fertig zu werden. Sensei Tanaka teilte uns darauf mit, daß wir viel zu schnell geübt hätten, denn für die Kata hätten wir insgesamt 10 Minuten Zeit gehabt. Mit Ausnahme der Heian Shodan, die ca. 45 Sekunden dauere, bräuchte man für alle anderen Kata ungefähr eine Minute, für Bassai Dai sogar anderthalb Minuten. Am Nachmittag wurde dann noch einmal Kata geübt, wobei größtes Augenmerk auf die richtige Einstellung beim Laufen der Kata gelegt wurde.
Am Abend diesen Tages gingen wir noch einmal auf den Prater, um die übrigen Attraktionen auszuprobieren, die wir am Montag noch ausgespart hatten.
Der Donnerstag sollte dann dem bisherigen Trainingslager die Krone aufsetzen. Nach einer kurzen Erwärmung ging es nämlich schon richtig zur Sache: Gohon Kumite bis zum Umfallen! Aber das sollte es noch längst nicht gewesen sein. Zwar hatte der Dolmetscher zunächst etwas Schwierigkeiten, die Trainingsanweisung des Meisters richtig rüberzubringen, so daß Sensei Tanaka schließlich persönlich eingreifen und die Übersetzung richtig stellen mußte. Die uns jetzt erwartende Übung bestand aus eigentlich nur drei Techniken: Schritt vor mit Oi Zuki Jodan - Schritt zurück mit Age Uke / Gyaku Zuki bzw. für den Verteidiger Schritt zurück
Age Uke / Gyaku Zuki - Schritt vor Oi Zuki Jodan. Nun ja - ist doch gar nicht so schwer mögt Ihr denken, aber das beste kommt ja erst noch: Jeder Trainingsteilnehmer durfte einmal bis zehn zählen, das heißt demnach, daß diese Kombinationen sowohl links als auch rechts ca. 450 Mal geübt wurden. Nach diesem Training konnte sich kaum noch jemand auf den Beinen halten. Dock Sensei Tanaka beendete das Training auf seine gewohnt freundliche Art mit einer kurzen Bemerkung: "Have a nice day!" (Schönen Tag noch...)
Marco und ich wir machten uns an diesem Tag auf in die nähere Umgebung Wiens. In Mödling besichtigten wir die Stammburg der Liechtensteiner (der Regenten des gleichnamigen Fürstentums) und fuhren dann nach Maria-Enzersdorf, wo sich der größte unterirdische See Europas befindet. Diesen befuhren wir dann im Rahmen einer Führung mit einem Boot - einfach toll.
Am Freitag sollten dann noch einmal zwei Trainingseinheiten auf dem Programm stehen, aber gleich zu Beginn des Trainings teilte uns der Dolmetscher mit, daß das zweite Training aufgrund der bevorstehenden Dan-Prüfungen entfallen werde... Wir hatten an diesem Freitag kaum das Budocenter betreten, als wir auch schon eine freudige Überraschung erleben konnten: Jörg Kohl war eingetroffen. Er wollte es sich nicht nehmen lassen, seinen zahlreichen Schützlingen bei ihren bevorstehenden Prüfungen wenigstens moralischen Beistand zu leisten.
Das Training selbst gestaltete sich am Freitag durchaus ruhig. Sensei Tanaka legte sehr großen Wert auf die Feinheiten bei der Ausführung der Techniken, so daß zahlreiche Erklärungen folgten. Um zwölf Uhr dann begannen die Prüfungen. Einige Kyu-Prüfungen und dann wohl so um die zwanzig Dan-Prüfungen, darunter auch vier zum zweiten Dan. Alle Kandidaten bestanden ihre Prüfungen mit Bravour. Ein Zeichen der guten Ausbildung durch ihre Lehrer.
Da der Nachmittag noch einmal frei war, fuhren wir noch zum Leopoldsberg und zum Kahlenberg, jenen Höhen, von denen aus einst der polnische König zusammen mit dem deutschen Kaiser und zahlreichen anderen Fürsten die Belagerung Wiens durch die Türken beendete. Damit war natürlich unser schöner Wien-Aufenthalt wieder zu ende. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß wir durch diesen Lehrgang wieder soviel neues mit nach hause genommen und dazu gelernt haben, daß es nun erst einmal einige Monate Trainings bedarf, um alles umzusetzen.
Mal sehen - aber vielleicht sind wir ja nächstes Jahr wieder dabei.
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