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KRITIK
 

Karate muß man leben! Dies ist ein Satz, den man nicht nur in der letzten Ausgabe dieser Zeitung herauslesen kann, sondern eine Erkenntnis, die ich nach 6 Jahren Karatetraining auch bestätigen muß.

Doch bedeutet Karate zu leben, das Training aufzugeben?

In diesem Zusammenhang richtet sich meine Kritik besonders an das Training für Übungsleiter und Fortgeschrittene, welches für gewöhnlich jeden Freitag stattfindet. Ich finde das hier vorherrschende Trainingsniveau offen gesagt erschreckend!

Da stellt sich natürlich die Frage nach dem Warum.

Nun, zunächst möchte ich festhalten, daß Basketball absolut nicht mit Karate zu tun hat. Die Erklärung, dies sei nur zu Erwärmung stößt bei mir auf absolutes Unverständnis. Denn nach 30 - 60 minütigem Spielen ist man nicht nur erwärmt, sondern neigt meistens schon zum "Kochen" und ist noch dazu demotiviert.

Da die meisten unter uns das Spiel nicht missen möchten, könnte man es doch wenigstens ans Trainingsende verlagern.

Desweiteren ist festzustellen, daß die Trainingszeit ab und zu, einfach mal so, um eine halbe Stunde gekürzt wird. Kurz nachgerechnet: 1,5 h Training - 0,5 h Spiel - 0,5 h Trainingsverkürzung - eine viertel Stunde Theorie = eine viertel Stunde reelles Training.

Gibt das nicht zu denken?

Zudem möchte ich noch einen, für mich sehr wichtigen Punkt ansprechen. Hört man den endlosen Ausführungen des Trainers genauer zu, dann erhalte ich unweigerlich den Eindruck, daß wir mal ebenso beim Training reingeschaut haben, da wir ja nichts besseres mit unserer Zeit anzufangen wußten. So als ob wir nicht viel vom Karate halten würden. Aber nun mal ehrlich Ralph!

Wir trainieren nicht Karate, weil wir Dir oder einem Anderen einen Gefallen schuldig sind, sondern aus Überzeugung. Sicher läßt die Trainingsmoral unter den Fortgeschrittenen sehr zu wünschen übrig. Aber an Stelle von indirekten Schuldzuweisungen und konzeptlosen Trainingsstunden, sollte meiner Meinung nach endlich wieder ein Training durchgeführt werden, das mehr Wert auf die Festigung der Techniken legt, die man von uns voraussetzt, und das auf unseren derzeitigen Leistungen aufbaut.

Ach ja, der Dienstag! Von einem Übungsleiter kann doch sicher erwarten etwas Motivation zu erhalten. Bei allem Respekt, Händchen halten und Lieder singen, motiviert mich mit Sicherheit nicht zum wöchentlichen Training.



E. Beckstein


Was ist dazu zu sagen?

Ich wollte die hier erhobenen Vorwürfe zunächst unkommentiert veröffentlichen, habe mich jedoch dazu entschlossen, kurz zu einigen Punkten Stellung zu nehmen, da ich glaube, daß eine bloße Veröffentlichung leicht zu Mißverständnissen führen könnte.

Ich gebe Enrico völlig recht, daß das Trainingsniveau unter den Fortgeschrittenen (besonders in der Freitagstrainingseinheit) erschreckend ist und das das Training durchaus keinem logischen Konzept folgt. Doch worin liegen die Gründe? Nur etwa alle vierzehn Tage sind auch tatsächlich alle Übenden vollzählig, d.h. nur alle vierzehn Tage könnte man ein logisches, auf den vorherigen Trainingsstunden aufbauendes Training durchführen. Nun liegt hier jedoch ein weiteres Problem: Wenn man nur alle vierzehn Tage versucht zu trainieren und ein entsprechendes Trainingskonzept zu entwerfen, so wäre dieses Training von vornherein zum Scheitern verurteilt, denn ein solch langer Zeitraum von zwei Wochen dazwischen ist einfach zu viel.

Ich sehe meine Hauptaufgabe vor diesem Hintergrund nach wie vor darin, diverse Trainingsmöglichkeiten aufzuzeigen und zu vermitteln, damit dem Einzelnen die Möglichkeit gegeben ist, daheim weiterzuüben. Die alten Meister haben schon immer betont, daß für Trainingsfortschritte wenigstens zweimal die Woche Training erforderlich ist. Die moderne Sportwissenschaft hat dies bestätigt und geht sogar noch weiter: Man sagt, daß ein einmaliges wöchentliches Training keinen Erfolg bringt. Zweimal wöchentliches Training kann mäßige Fortschritte hervorbringen, erst ab dreimal wöchentlichem Training sind tatsächliche Fortschritte zu verzeichnen.

Gerade hier liegt dann ein weiterer Kritikpunkt. Mir wird vorgeworfen, daß ich vor dem Hintergrund des seltenen Trainingsbesuchs immer wieder darauf hinweise, daß auch Gichin Funakoshi betont hat, daß man eigentlich immer und überall trainieren kann, wenn man nur will. Nur zehn Minuten Training pro Tag können, so Gichin Funakoshi, zu beachtlichen Trainingsfortschritten führen.

In Bezug auf das Basketballspielen hat Enrico leider recht. Doch eine Gegenfrage sei dennoch gestattet: Warum eine klassische Erwärmung durchführen, wenn man durch Sportspiel auf angenehmere Art und Weise das Resultat erreichen kann? Wie sehr man sich verausgabt liegt letztlich an einem jedem selbst.

Doch weiter zu dem Punkt der Trainingsverkürzungen. Die Aussage, daß das Training am Freitag einfach nur mal so um eine halbe Stunde verkürzt wird, kann leicht den Anschein erwecken, daß ich private Interessen vorschiebe und über die des Vereins stelle. Das dem nicht so ist, kann jeder, der mich und mein Privatleben kennt, wohl mehr als deutlich bestätigen. Ich bin wirklich froh, wenn ich meinen Urlaub oder meine sonstige Freizeit mal nicht für den Verein oder für Trainingszwecke opfern muß, sondern auch einmal für mich selbst ein paar Minuten Zeit habe, wozu es leider nur allzu selten kommt. Trainingsverkürzungen am Freitag kommen meist nur dann zustande, wenn am Freitagabend eine Vorstandssitzung angesetzt ist. Auch die Vorstandsmitglieder sind nur Menschen. Ich selbst bin natürlich als Übungsleiter und Vorsitzender doppelt in der Pflicht. Ich glaube, daß man mir und auch den übrigen Vorstandsmitgliedern wohl nicht abverlangen kann, daß sie die erforderlichen Sitzungen abends später beginnen und die Versammlungen dann meist erst spät in der Nacht enden. Auch sie haben ein Recht, die Sitzung zu einer halbwegs vertretbaren Zeit beenden zu dürfen. Zudem ist zu berücksichtigen, daß an derartigen Tagen meist die Erwärmung ganz wegfällt, so daß das Training gänzlich im Vordergrund steht.

Weiter im Text. Ich erwarte von niemandem der gewöhnlichen Trainingsteilnehmer, daß sie mir zuliebe Karate ausüben sollen, oder Dankbarkeit, da ich meine, daß sie mir einen Gefallen schuldig sind. Ich gehe vielmehr davon aus, daß diejenigen, die zum Training kommen auch Karate lernen wollen, weil sie es aus ihrem tiefsten Inneren heraus wollen. Das einzige, was ich wohl - wie ich glaube - zu recht erwarten kann, ist das ständige Sich-Bemühen um Fortschritte. Hierauf weise ich von Zeit zu Zeit hin, soweit ist dies richtig. Das hierin möglichweise indirekte Schuldzuweisungen liegen könnten mag sein - doch: Jeder zieht sich den Schuh an, der ihm paßt. Es widerstrebt mir allerdings, immer und immer wieder auf die gleichen Fehler hinzuweisen, um dann wieder feststellen zu müssen, daß die Fehler noch immer nicht korrigiert wurden; in einigen Fällen höre ich sogar, nachdem ich bereits zum x-ten Mal die richtige Ausführung einer Technik oder Kata erklärt habe: 'Also das höre ich heute zum ersten Mal' oder 'Das hast du aber noch nicht gesagt'...

Was heißt außerdem konzeptloses Training? Ein konzeptloses Training ist ein Training, daß letztlich keinem Ziel folgt. Da es unmöglich ist, ein auf vorhergehende Übungsstunden aufbauendes Training durchzuführen, liegt der Schwerpunkt der Trainingseinheiten am Freitag vor allem in der Fehlerkorrektur und Verfeinerung von Techniken, die ich im Laufe der Woche während des normalen Trainings habe üben lassen. Übungsleiter müssen in der Lage sein, Fehler zu erkennen, zu vermeiden und zu korrigieren.

Auch zu dem letzten angesprochenen möchte ich Stellung beziehen. Ich habe tatsächlich in einer Dienstags-Trainingseinheit Händchen halten und Liedchen singen lassen. Doch ist "Laurencia" als Übung zum Ausführen von Kniebeugen abzulehen? Ich glaube wohl Nein. Ganz besonders nicht vor dem Hintergrund, daß gerade am Dienstag die Altersgruppe der sieben bis zwölfjährigen dominiert. Mit einem derartigen Spiel kann man meines Erachtens weit mehr erreichen als mit sturem Abzählen von Kniebeugen. Ich bin davon überzeugt, daß hier jeder mitmacht. Wenn ich aber den Kleinen sage, wir machen jetzt 63 Kniebeuge - Ob sie die auch alle schaffen?

Davon abgesehen, spricht die Zahl der Trainingsteilnehmer und die Zahl der Neueintritte ein wohl mehr als deutliche Sprache! Denn wem etwas nicht gefällt, der wird wohl kaum gern zum Training kommen und bei der Durchführung solcher 'langweiliger Spiele' auch noch lachen. Ich glaube, man muß einfach mehr differenzieren und auf die jeweilige Altersgruppe achten.

Im übrigen bin ich nach wie vor ehrlich gemeinter Kritik gegenüber offen. Nur wenn man offen über Probleme spricht, kann man Verständigungsprobleme ausräumen oder sich um Verständnis für die eine oder andere Handlungsweise bemühen. Nur so kommt man voran!Ralph P. Görlach


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