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STEUERBEFREIUNG EINES BERUFSVERBANDES
 

Steuerbefreiung eines Berufsverbandes

FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 28, 9.1999,2 K 363/97, rkr.

Fördert ein Verband die Wettbewerbsfähigkeit und damit die geschäftlichen Interessen des einzelnen Kaufmanns durch die Ahndung von Wettbewerbsverstößen, liegt kein steuerbefreiter Berufsverband vor.

KStG § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, 3; GewStG § 3 Nr. 8; UWG § 13 Abs. 2 Satz 2


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger (Kl.) von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit ist. Der Kl. ist ein eingetragener Verein, dessen Satzung am ... errichtet worden ist. Die Aufgaben des Kl. stellen sich gemäß § 2 seiner Satzung wie folgt dar:


 

"- Der Verein hat den lauteren Wettbewerb innerhalb des Einzelhandels mit besonderer Beachtung der Wettbewerbsleitsätze des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels zu fördern,

- den Einzelhandel, soweit er von den berufsständischen Verbänden vertreten wird, gegen unlauteren Wettbewerb anderer Wirtschaftsstufen zu schützen.

- zur Durchführung dieser Ziele alle für geeignet gehaltenen Maßnahmen zu ergreifen, u. a. insbesondere

- Anträge an Behörden oder Gerichte, insbesondere gemäß § 13 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zu stellen,

- die Einigungsämter bzw. Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten bei den Industrie- und Handelskammern und sonstigen zuständigen Stellen anzurufen sowie erforderlichenfalls Strafanzeige zu erstatten.

Der Zweck des Vereins ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet."

Gemäß § 4 der Satzung kann Mitglied des Vereins jeder werden, der im Lande Mecklenburg-Vorpommern Einzelhandel betreibt. Dabei stehen den natürlichen Personen Personengemeinschaften und Körperschaften gleich, welche Einzelhandel betreiben. Mitglied kann ferner jeder oder jede Organisation werden, welche sich mit der Wahrung von Interessen des Einzelhandels befasst. Der Erwerb der Mitgliedschaft von Personen natürlichen und juristischen Personen, die sich dem Interesse des Einzelhandels und der Verbraucherversorgung durch Satzung oder Zwecksetzung verbunden fühlen oder diese Verbundenheit bekunden, ist möglich.

Der Verein hat sieben Mitglieder, u. a. den Einzelhandelsverband A e. V. der aus der Fusion des Einzelhandelsverbandes B e. V. (seinerzeit 2.500 Mitglieder) und dem Einzelhandelsverband e. V. (seinerzeit 1.000 Mitglieder) entstanden ist. Zwar sieht § 6 der Satzung die Erhebung von Beiträgen von den Mitgliedern vor, in der Vergangenheit wurden aber keine Mitgliedsbeiträge erhoben.

Die Tätigkeit des Kl. besteht u. a. darin, Firmen, die bei ihrer Werbung oder Preisauszeichnung Wettbewerbsvorschriften verletzen, schriftlich abzumahnen und sie zur Unterzeichnung einer beigefügten Unterlassungserklärung aufzufordern. Mit der Unterzeichnung der Unterlassungserklärung verpflichtet sich der jeweils Abgemahnte für jeden Fall künftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Für die Abmahnung berechnet der Kl. eine Kostenpauschale i. H. von ... DM zuzüglich Umsatzsteuer von dem jeweiligen Abgemahnten.

Die Einnahmen des Kl. bestehen im wesentlichen aus sogenannten Abmahnpauschalen. Das Personal und die Räumlichkeiten werden dem Kl. vom Einzelhandelsverband A e. V gestellt. Der Geschäftsführer des Kl. ist gleichzeitig Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes A e. V Rechts- und Beratungskosten sowie die Prozesskosten beruhen auf verlorenen Prozessen.

Der Kl. legte gegen die Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag Einspruch ein. die er wie folgt begründete:

Bei dem Verein handele es sich um einen Zusammenschluss aus einem Berufsverband ohne öffentlich-rechtlichen Charakter, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sei. Der Verein sei danach gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer und gemäß § 3 Nr. 8 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Er erfülle durch seine in der Satzung niedergelegten Aufgaben hoheitliche Ziele. Diese seien in dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthalten, die Maßnahmen zur Umsetzung dieses Gesetzes seien durch die Rechtsprechung vorgegeben. Die Rechtsprechung gewähre für die Durchführung dieser Abmahnungen die Möglichkeit des pauschalen Aufwendungsersatzes nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag. Seine weitere Einnahmequelle seien die Vertragsstrafen, die in der weiteren rechtlichen Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes einen unabdingbaren Platz einnähmen. Eine Vertragsstrafe werde fällig, wenn gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung verstoßen werde. Der Verein sei gezwungen, die Vertragsstrafe einzufordern, um die Klagebefugnis nicht zu verlieren.

Aus den Gründen:

Die Klage ist zulässig.

1. Der Kl. hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis, soweit in den angefochtenen Steuerbescheiden die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag auf ... DM festgesetzt worden sind. Denn die eigentliche von dem Kl. gerügte Beeinträchtigung liegt nicht in der Festsetzung der Körperschaftsteuerschuld bzw. der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages auf ... DM, sondern in der damit (wenn auch unausgesprochenen) verbundenen negativen Regelung, dass der Kl. nicht als steuerbefreit angesehen wird (vgl. hierzu die Nachweise bei Gräber/von Groll, FGO, § 40 Rn. 88).

2. Die Klage ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten (Bekl.) sind rechtmäßig und verletzen den Kl. nicht in seinen Rechten.

Bei dem Kl. handelt es sich um eine juristische Person des privaten Rechts, die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Kein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen i. S. des § 13 Abs. 2 UWG

2.1. Entgegen der im außergerichtlichen Vorverfahren geäußerten Auffassung des Kl. übt er keine hoheitlichen Aufgaben aus. Der Kl. sieht sich als einen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen i. S. gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 9 UWG an. Diese Verbände dienen zwar nach h. M. (vgl. Hefermehl/Baumbach, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl. 1998, § 13 Rn. 20; Köhler /Pirper, UWG, D 1995, § h 3 Rn. 23, jeweils mit Hinweisen auf f Rspr. des BGH) auch Allgemeininteressen ... das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb hat aber den entsprechenden Verbänden in § 13 nur eine privatrechtliche Aktivlegitimation und Klagebefugnis gegeben. Die Ahndung von Wettbewerbsverstößen ist allein privater Initiative überlassen worden (vgl. Köhler, a. a. O.).

Kein Berufsverband i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG

2.2. Der Kl. ist nicht von der Körperschaft befreit, insbesondere ist der Kl. kein nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG Steuerbefreiter Berufsverband.

Nach dieser Vorschrift sind von der Körperschaftsteuer befreit: Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter, deren Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Das Körperschaftsteuerrecht gibt keine Legaldefinition des Begriffes "Berufsverband" vor. Begrifflich ist der Verband eine Vereinigung natürlicher Personen und/oder Unternehmen, die in der Regel in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert sind. Nach Abschn. 8 Abs. 1 Satz 1 KStR sind Berufsverbände Vereinigungen von natürlichen Personen oder von Unternehmen, die allgemeine, aus beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit erwachsene ideelle und wirtschaftliche Interessen des Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges wahrnehmen. Diese Definition entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH v. 28.6. 19g9, 1 R 86/85, BFHE 157, 416; BStBI II 1990, 550). Als Aufgabe eines Berufverbandes wird daher angesehen, dass dieser die allgemeinen den Mitgliedern aus ihrer beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit entwachsenden ideellen und allgemeinen wirtschaftlichen Interessen gegenüber den gesetzgeberischen Körperschaften, den Verwaltungsbehörden usw. zu vertreten hat. Ebenso soll der Verband die Wünsche seiner Mitglieder als eine gemeinsame. Zielsetzung geltend machen und nach Möglichkeit durchsetzen. Die hierbei erzielten Ergebnisse müssen dem Berufsstand oder dem Wirtschaftszweig zugute kommen (vgl. BFH v. 15.7.1966, III 179/64, BFHE 86/656, BStBI III 1966, 638; Lademann/Augsten, KStG, § 5 Rn. 60). Die Steuerfreiheit der Berufs- und Wirtschaftsverbände beruht auf der rechtspolitischen Anerkennung ihres Wirkens für die allgemeinen und wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder als ein Wirken im Interesse der Allgemeinheit (vgl. BFH v. 29. 11. 1967, 1 67/ 65, BFHE 91, 45, BStBI 11 1967, 236, BFHE 116,12, BStBl 111975, 722). Der Verband muss sich somit auf die allgemeine Förderung seiner Mitglieder (z. B. durch Schaffung besserer wirtschaftlicher und sozialer Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Betätigung seiner Mitglieder; vgl. BFH v. 16.12. 1981,1 R 140/81, BFHE 135, 278, UStBl II 1982, 465 für einen lndustrieclub, DStR 1982, 386; v. 18.9. 1989, VIII k 324/82, BFHE 142, 251, BStBI II 1985, 92 für einte Vereinigung zur Erhaltung des privatwirtschaftlichen Eigentums) beschränken. Es verstößt gegen den so definierten Charakter eines Berufsverbandes, wenn er dem Erwerb oder die wirtschaftlichen Belange seiner Mitglieder direkt, nicht nur allgemein im oben angegebenen Sinne fördert (vgl. BFH v. 22.7.1952,144/5, 2 U, BFHE 56, 572, BStBI III 1952,221).

Nach diesen Grundsätzen ist der Kl. nicht als Berufsverband i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5, KStG anzusehen, denn sie nimmt weder nach Satzung, noch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung die aus der unternehmerischen Tätigkeit der Einzelhändler erwachsenden ideellen und allgemeinen wirtschaftlichen Interessen wahr.

Aufgabe des Kl. nach ihrer Satzung ist es allen, den lauteren Wettbewerb innerhalb des Einzelhandels zu fordern und den Einzelhandel, soweit er von den berufsständischen Verbänden vertreten wird, gegen unlauteren Wettbewerb anderer Wirtschaftsstufen zu schützen. Der Kl. hat selbst vorgetragen wie er unter Hinweis auf die Satzung des Einzelhandelsverbandes A e. V deutlich gemacht, dass durch die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs Zweck und Aufgabe des Einzelhandelsverbandes A e. V. erfüllt wird, der darin besteht. die wirtschaftlichen, beruflichen und sozialen Interessen des gesamten Einzelhandels im räumlichen Geltungsbereich wahrzunehmen und zu fördern und seine Mitglieder zu betreuen (§ 2 Nr. 1 der Satzung des Einzelhandelsverbandes A. e. V.). Dem Kl. sind von dem Einzelhandelsverband A e. V. ein eng begrenzter Ausschnitt von dessen satzungsgemäßen Aufgabenbereich zur eigenverantwortlichen Erfüllung übertragen worden. Damit nimmt der Kl. aber nicht die aus der unternehmerischen Tätigkeit der Einzelhändler erwachsenden ideellen und allgemeinen wirtschaftlichen Interessen wahr. Diese Aufgabe obliegt dem Einzelhandelsverband A e. V. Es geht vielmehr allein darum, die Wettbewerbsfähigkeit des einzelnen Kaufmanns und damit dessen eigene geschäftlichen Interessen ggf. auch gegen die Interessen der anderen Mitglieder des Einzelhandelsverbandes A e. V. durch das eigenverantwortliche Handeln einer vom Einzelhandelsverband A e. V. unabhängigen juristischen Person zu schützen. Im Ergebnis hat der Einzelhandelsverband A e. V. einen einzelnen eng begrenzten Tätigkeitsbereich, nämlich die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen jedes einzelnen Mitglieds ausgegliedert und rechtlich verselbständigt. Damit erfüllt der Kl. aber nicht die Aufgaben eines Berufsverbandes i. S. des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.

Keine gemeinnützige Körperschaft

2.3. Der Kl. ist nicht als gemeinnützige Körperschaft (§ 55 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) von der Körperschaftsteuer befreit. Zwar liegt die Überwachung des lauteren Wettbewerbs auch im Interesse der Allgemeinheit (s. o.), der Kl. ist aber nach seiner Satzung ausschließlich im Interesse seiner Mitglieder und daher nicht selbstlos tätig.

Gewerbesteuerpflicht

2.4. Der Kl. ist auch gewerbesteuerpflichtig.

Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Als Gewerbebetrieb gilt auch die Tätigkeit der sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts und der nichtrechtsfähigen Vereine, soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten (§ 2 Abs. 3 GewStG). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile er zielt werden und. die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht. Gewinn zu erzielen. ist nicht erforderlich (§ 14 Satz. 2 AO).


 

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall entgegen der ausdrücklichen Bestimmung in der Satzung vor. Der Kl. übt eine nachhaltige Tätigkeit im Sinne dieser Vorschrift aus, denn seine wesentliche, auf Dauer angelegte Betätigung besteht darin, Einzelhändler, die gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen gegen Festsetzung von Gebühren abzumahnen. Durch diese Tätigkeit nimmt der Kl. Aufgaben für seine Mitglieder wahr, die der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes entsprechen. Hierdurch erzielt der Kl. dauerhaft Einnahmen die im Streitfall auch nicht als Aufwendungsersatz anzusehen sind. Der Geschäftsführer des Kl. damit nämlich in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass dem Kl. wesentlich höhere Aufwendungen für seine Tätigkeit entstehen, weil die Personal- und Sachmittel im wesentlichen vom Einzelhandelsverband A e. V. gestellt würden.

Schließlich übt der Kl. keine Vermögensverswaltung (§ 14 Satz 3 AO) aus, weil hier eigenes zu verwaltendes Vermögen nicht zur Verfügung steht. Da die Voraussetzungen für einen Steuerbefreiungstatbestand nicht erfüllt sind, konnte die Anfechtung der Gewerbesteuermessbescheide ebenfalls keinen Erfolg haben.


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