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ZWECKBETRIEB VS. GESCHÄFTSBETRIEB
 

Nicht jede dem Satzungszweck eines gemeinnützigen Vereins unmittelbar dienende wirtschaftliche Betätigung ist als Zweckbetrieb i. S. des § 65 AO zusehen

Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 27. April 1999 1180/98 - Rev. eingelegt (Az. des BFH: V R 30/99).

1. Die Überlassung einer Kunsteisbahn durch einen gemeinnützigen Sportverein zum Publikumslauf stellt keine "sportliche Veranstaltung" i. S. des § 67a AO dar.

2. Bei einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb) eines Sportvereins, der den Satzungszweck unmittelbar fördert, ist für die Frage, ob es sich dabei um einen Zweckbetrieb (§ 65 AO) handelt, das Tatbestandsmerkmal des § 65 Nr. 3 AO besonders zu prüfen.

3. Beim Betrieb einer Kunsteisbahn zur Durchführung des Publikumseislaufs sind übergeordnete Gemeinwohlerwägungen, die es rechtfertigen würden, durch die steuerliche Begünstigung gemeinnütziger Vereine den potentiellen Wettbewerb von Anbietern auf diesem Markt zu stören, nicht ersichtlich.

AO § 65, § 67 a, UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8, § 4 Nr. 22 Buchst. b.


Streitig ist, ob die Eintrittsgelder für die Benutzung der Eislaufbahn eines gemeinnützigen Vereins dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG in der bis zum 31. Dezember 1989 geltenden Fassung (jetzt § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG) unterliegen.

Der Kl. ist ein gemeinnütziger Sportverein. Er unterhält u. a. eine Kunsteisbahn deren Benutzung zum Publikumslauf er sowohl Mitgliedern als auch Nichtmitgliedern gegen Entgelt gestattet.

Mit Urteil vom 16. April 1996 II 73/94 (n. v.) hat das FG Nürnberg bezüglich des Streitjahres 1987 entschieden, dass die streitigen Umsätze dem vollen Steuersatz unterliegen, zum einen, weil der Betrieb des Publikumslaufs weder eine sportliche Veranstaltung i. S. von § 67 a AO noch ein - ebenfalls begünstigter - Zweckbetrieb nach § 65 AO sei. Die hiergegen vom Kl. erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 7. Mai 1997 V B 95/96 (BFH/NV 1998,96) als unbegründet zurückgewiesen, u. a. unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 25. Juli 1996 v R 7/95 (BFHE 181, 222, BStBl II 1997, 154).

Mit seiner neuerlichen wegen USt 1988 erhobenen Klage begehrt der Kl. wiederum, die Eintrittsgelder für die Benutzung der Kunsteisbahn sowie die Einnahmen aus der Vermietung von Schlittschuhen beim Betrieb des Publikumslaufs dem gemäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG zu unterwerfen.

Aus den Gründen:

Die Klage ist unbegründet.

Keine sportliche Veranstaltung i. S. des § 67 a AO

Gem. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG sind sportliche Veranstaltungen von gemeinnützigen Zwecken dienenden Einrichtungen § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei, soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht.

Die Prüfung der Steuerbefreiung hat Vorrang vor der Prüfung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, weil mit der Steuerbefreiung der Ausschluss vom Vorsteuerabzug verbunden ist (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).


 

Ein Verzicht auf die Anwendung des § 4 Nr. 22 Buchst. 1 UStG ist nicht zulässig, weil die Vorschrift in § 9 Abs. 1 UStG nicht in Bezug genommen ist.

Im übrigen hat die Regelung des § 67 a AO als Spezialvorschrift Vorrang gegenüber § 65 AO Beim Verhältnis von § 67a AO zu § 65 AO ist erkennbar, dass das Gesetz Sportvereine begünstigen und sportliche Veranstaltungen als Zweckbetrieb anerkennen will, ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 65 AO zu fordern, Die Vorschritt des § 67a AO erweitert demnach den allgemeinen Zweckbetriebsbegriff um sportliche Veranstaltungen, die die Voraussetzungen des § 65 AO nicht erfüllen (BFH-Urteil BFHE 181, 222, BStBl II 1997, 154).

Der Kl. ist eine Einrichtung, die gemeinnützigen Zwecken dient, da er unter den übrigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit satzungsgemäß den Sport fördert § 52 Abs. 2 Nr. 2 AO). Das Eislaufen stellt eine sportliche Betätigung dar. Sport ist eine Tätigkeit zur körperlichen Ertüchtigung durch Leibesübungen oder eine gleichgestellte Betätigung (BFH-Urteil vom 13. Dezember 1978 I R 2/77, BFHE 127, 356, BStBl II 1979, 495). Das Eistaufen erfüllt diese Voraussetzungen.

Da der Begriff "sportliche Veranstaltung" in § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG und in § 67a AO in gleicher Bedeutung verwendet wird, kann an die Auslegungsergebnisse von Rspr. und Schrifttum zu § 67a AO angeknüpft werden.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass es sich bei dem Betrieb des Publikumslaufs bzw. der Überlassung der Kunsteisbahn an Mitglieder und Nichtmitglieder nicht um eine sportliche Veranstaltung i. S. des § 67a AO, sondern nur um eine Nutzungsüberlassung von Sportanlagen und anderen Gegenständen sowie zusätzlicher organisatorischer und anderer Leistungen gegen Entgelt handelt. Dies wurde bereits rechtskräftig für das Jahr 1987 entschieden (BFH-Beschluss BFH/NV 1998, 96). Dort ist ausdrücklich ausgeführt, dass die Entscheidung des Senats für das Jahr 1987 nicht von den Grundsätzen im BFH-Urteil BFHE 181, 222, BStBl II 1997, 154 abweicht, Weitere Ausführungen erübrigen sich, weil insoweit kein neuer Sachvortrag für das Jahr 1988 gemacht wurde. Die Satzungsänderung aus dem Jahr 1988 hat hierauf keine Auswirkungen. Damit stellt das Betreiben der Kunsteisbahn durch die Kl. keinen Zweckbetrieb i. S. des § 67a AO dar.

Kein Zweckbetrieb i. S. des § 65 AO

Wirtschaftliche Betätigungen im sportlichen Bereich, die keine sportlichen Veranstaltungen i. S. des § 67a AO sind, können jedoch gem. § 65 AO die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs erfüllen: Die Sonderregelung des § 67a AO schließt die Anwendung der Grundregeln zum Zweckbetrieb (§ 65 AO) nicht aus.

Das FA hat die steuerbaren Leistungen des Kl. zu Recht mit dem Regelsteuersatz der USt unterworfen. Der ermäßigte Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG ist nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich die Steuer für die Leistungen von Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51-68 AO). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65-68 AO) ist.

Der Kl. unterhält mit der Kunsteisbahn einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Dies ist nach der Legaldefinition des § 14 AO eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§14 Abs. 2 AO). Dieser wirtschaftliche Geschäftsbetrieb erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs (§ 65 AO).

Nach der Satzungsänderung im Jahr 1988 ist davon auszugehen, dass der satzungsmäßige Zweck auf die Förderung des Eislaufs allgemein (d. h. von Mitgliedern und Nichtmitgliedern) ausgerichtet ist, so dass insbesondere das Tatbestandsmerkmal des § 65 Nr. 3 AO zu prüfen ist (BFH, BFHE 181,222, BStBl II 1997, 134).

Diese Vorschrift will die Steuervergünstigung für bestimmte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe erhalten, die unmittelbar und ausschließlich ideellen Zwecken dienen. Ein Zweckbetrieb setzt insbesondere voraus, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nichtbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuervergünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§65 Nr. 3 AO). Die Bestimmung regelt den Ausgleich zwischen der Förderung des Allgemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts. Durch die steuerliche Begünstigung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sollen weder Wettbewerber verdrängt noch sollen Marktzutrittsschranken errichtet werden. In letzterer Hinsicht ist auch der potentielle Wettbewerb geschützt (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1993 X R 115/91, BFHE 1173, 254. BStBl II 1994, 314). Hiernach ist es nicht erforderlich, dass der Kl. tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art tritt. Insoweit ist der Sachvortrag unbehelflich, dass sich die nächsten Kunsteisbahnen erst in H, B und W befinden und es in S selbst an einem Konkurrenzunternehmen fehlt.

Keine übergeordneten Gemeinwohlerwägungen

Soll ein staatlicher Eingriff in den Wettbewerb durch Art. 3 Abs. I GG gerechtfertigt sein, bedarf es eines hinreichenden sachlichen Grundes (BVerfG-Beschluss vom 26. Oktober 1976 1 BvR 191/74, BVerfGE 43, 58). Für die Anwendung des § 65 Nr. 3 AO bedarf es einer Abwägung zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Wettbewerb und der steuerlichen Förderung ideeller Zwecke (BFH, BFHE 173, 254. BStBl II 1994, 314). Ist die von der Körperschaft verfolgte Mehrung des Gemeinwohls auch ohne steuerrechtlich begünstigte entgeltliche Tätigkeit zu erreichen, so ist aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vermeidbar.

Der Rechtsbegriff des Zweckbetriebs hat sich auf der Grundlage der Rspr. des RFH entwickelt. Die Entscheidung darüber, wann der Förderung der Allgemeinheit und wann dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit der Vorrang einzuräumen sei, richtet sich nach unterschiedlichen Gesichtspunkten. Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs mit nichtbegünstigten Unternehmen ist insbesondere als unschädlich angesehen worden, wenn Leistungen erbracht wurden, die als Veranstaltungen der Wohlfahrtspflege im besonderen Maße der minderbemittelten Bevölkerung dienten (für Krankenhäuser RFH-Urteil vom 23, Oktober 1937 VI a 25/36, RStBl 1937, 1159; vom 24. Juli 1937 VI a A 1/35, RStBl 1937, 1103; für Altersheime RFH-Urteil vom 23. Oktober 1937 VI a 70/317, RStBl 1937, 1160; für die Versorgung Minderbemittelter und preiswerter Verpflegung RFH-Urteil vom 24. September 1937 VI a A 42/37, RStBl 1937, 1104). Gemeinsamer Grundgedanke dieser Anwendungsbeispiele ist vor allem die Erwägung, dass die gemeinnützige Körperschaft ihre Dienstleistungen oder Waren einem Personenkreis anbietet, der das Waren- oder Dienstleistungsangebot der steuerpflichtigen Unternehmen überwiegend nicht in Anspruch nimmt. Der Wettbewerbsgedanke tritt ferner zurück, wenn Leistungen - z. B., solche von Einrichtungen der Fürsorgeerziehung oder der Blindenfürsorge (RFH-Urteile vom 4. Oktober 1938 VI a 43/38, RStBl 1939, 92; vom 28. Januar 1939 VI a 53/38. RStBl 1939. 545) - notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zweckes sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen.

Diese Erwägungen haben Niederschlag gefunden im gesetzlichen Katalog der Zweckbetriebe. Soweit diese gesetzlichen Anwendungsfälle ausnahmsweise rechtsbegründenden Charakter haben, ist die Geschäftstätigkeit des steuerbegünstigten Zweckbetriebs gegenständlich begrenzt. Mit letzter Maßgabe können die in §§ 66-68 AO aufgeführten Beispiele ihrerseits Anhaltspunkte für die Auslegung des § 65 AO geben.

Beim Betrieb einer Kunsteisbahn insbesondere bei der Durchführung des Publikumslaufs sind übergeordnete Gemeinwohlerwägungen, die zugunsten des Kl. ein Zurücktreten des Wettbewerbsgesichtspunkts rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich. Der Kl. ist insoweit auf einem Markt tätig, auf dem gleichartige Leistungen von Privatunternehmern in einer Weise angeboten werden können, die eine unterschiedliche Bewertung am Maßstab des Allgemeinwohls nicht zulässt.


 

Es gibt keine Allgemeinwohlerwägungen, die es rechtfertigen würden, durch die steuerliche Begünstigung einzelner Unternehmer (gemeinnütziger Vereine) den Wettbewerb von Anbietern auf diesem Markt zu stören. Bei dieser Beurteilung fällt ins Gewicht, dass auch ein privater Träger einer Kunsteisbahn ungeachtet dessen, dass er i. d R. eigennützige privatwirtschaftliche Ziele anstrebt, zugleich dem Gemeinwohl dienende Zwecke verfolgt, hier die körperliche Ertüchtigung der Allgemeinheit beim Eislaufen.

Soweit der Kl.-Vertreter vorträgt, es würde sich kein privater Betreiber für eine Kunsteisbahn finden und der Betrieb von Kunsteisbahnen lasse sich nur durch öffentliche Subventionen und den Einsatz von ehrenamtlichen Helfern aufrechterhalten, ist dem entgegenzuhalten, dass kommunale Schwimmbäder, die mit riesigen öffentlichen Subventionen betrieben werden, schließen, während privat betriebene Freizeitzentren und Wasserparks durchaus wirtschaftlich überlebensfähig sind. Dies lässt allenfalls den Schluss zu, dass hier in erster Linie Managementgründe den Ausschlag für die Rentabilitätserwägungen geben. Im übrigen gibt es auch private Betreiber von Kunsteisbahnen, wie das Beispiel in N zeigt.

Die Revision wird zugelassen.


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